
Die Zwillinge
Figürliche Darstellung der Zwillinge
(Bild: Kosmos Verlag/Kay Elzner)
Die Zwillinge gab es am babylonischen Nachthimmel nicht nur einmal, sondern gleich zweimal. Über den Ursprung des markanten Sternbilds klärt uns Susanne M. Hoffmann in ihrem Buch „Wie der Löwe an den Himmel kam“ auf:
Die griechischen Zwillinge sind der Mythologie entlehnt. Sie heißen Polydeukes (lat.: Pollux) und Kastor (lat.: Castor) und waren Helden des Zugs der Argonauten. Diese Jünglinge sind jedoch mit Sicherheit eine Projektion, denn das Sternbild ist mesopotamisch: Der Tierkreis wurde von den Griechen aus Babylon übernommen, sodass auch die Zwillinge ursprünglich sumerisch sein dürften. Das Sternbild ist im Prinzip bereits in MUL.APIN belegt. Allerdings handelte es sich dort um zwei Zwillingspaare, die Großen und die Kleinen Zwillinge.
Die Großen Zwillinge wurden laut babylonischen Uranologietexten als Krieger dargestellt, die bekleidet waren und Waffen trugen. Dazu passt auch, dass sich daneben das Sternbild einer Waffe befand: das Krummholz – ein Wurfgeschoss –, in der Gegend unseres Sternbilds Auriga. Sie hießen Lugal irra und Meslamtaea und waren Unterweltsgottheiten; der zweite war außerdem ein Beiname des Herrschers der Unterwelt.
Die Kleinen Zwillinge könnten eine Art Wettergottheiten gewesen sein: Der eine trug Blitze, der andere eine Peitsche. Auch die Kleinen Zwillinge wurden bekleidet und mit Bärten dargestellt, d. h. es handelte sich bei beiden Paaren um anthropomorph gedachte männliche Gottheiten. Die Namen der Kleinen Zwillinge waren Alamusch und Ningublaga. Sie standen in Zusammenhang mit dem Mondgott; der erste war sein Bote, der zweite sein Sohn. Es ist in verschiedenen Kulturen üblich, den Mond mit Wettererscheinungen in Verbindung zu bringen. In uranologischen Texten sind diese zwei Zwillingspaare im ersten Jahrtausend v. Chr. immer noch sehr gut belegt, obwohl im Tierkreis jederzeit nur eines der Paare, die Großen Zwillinge, genannt wird. Sie sind vermutlich irgendwann zusammengefasst worden – womöglich auch erst durch den griechischen Transfer.

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